Manche sind ernst, manche sind harmlos.

Frau Meyer, eine 68-jährige, sonst gesunde Frau, ist nachts mit einem heftigen Drehschwindel aufgewacht. Immer wenn sie den Kopf bewegt oder aufstehen will, wird sie von einer Schwindelattacke geplagt. Dabei ist ihr übel, einmal hat sie sich sogar übergeben. Wenn sie sich ganz ruhig hinlegt und nicht bewegt, geht es ihr am besten. Weil die Beschwerden so stark sind, hat sie den Notarzt rufen müssen.

Wir sprechen in der Regel von Schwindel, wenn unser Gleichgewichtssystem außer Kontrolle zu sein scheint. Das kann sich anfühlen wie eine Fahrt mit einem sehr schnellen Fahrstuhl oder auch wie ein Karussell. Manchmal liegt ein diffuses Benommenheitsgefühl vor, manchmal eine Unsicherheit beim Gehen und Stehen. Dabei liegen diesem Gefühl sehr komplexe Mechanismen zugrunde – bei der Entstehung von Schwindelsymptomen sind das Großhirn, das Kleinhirn, das Innenohr, das Rückenmark, Fühlorgane an Sehnen, Haut und Muskulatur und oft auch das Herz-Kreislaufsystem beteiligt. All diese Strukturen wirken bei der Regulation des Gleichgewichtssystems zusammen – eine Störung in diesem komplizierten System meldet dem Gehirn einen Fehler, den wir als Schwindel wahrnehmen.

Dabei muss Schwindel nicht immer unangenehm sein – schon Kinder fahren gerne Karussell, um sich dem Nervenkitzel, den ein leichter Schwindel auslösen kann, auszusetzen. Auch Achterbahn, Riesenrad und andere Fahrgeschäfte zielen darauf ab, ein gewisses Unwohlsein zu erzeugen, das dann aber meist als stimulierend und aufregend empfunden wird.

Dr. med. Jörg Mengs und Dr. med. Marcus Rössler bei der neurologischen Visite.
Dr. med. Jörg Mengs und Dr. med. Marcus Rössler bei der neurologischen Visite. Foto: Heiko Matz/Klinikum

Nicht jeder Schwindel ist also bedrohlich. Manche Formen von Schwindel sind jedoch Ausdruck ernsthafter Erkrankungen. So kann ein akut aufgetretener intensiver Dauerschwindel Ausdruck eines Schlaganfalls sein. Dann sind jedoch meist noch andere Symptome wie Doppelbilder, einseitiges Taubheitsgefühl oder Lähmungserscheinungen vorhanden. Ein dauerhafter Drehschwindel weist oft auf eine Erkrankung des Innenohrs oder des Gleichgewichtsnervs hin. Dann muss eine Untersuchung durch den HNO-Arzt erfolgen. Ein Benommenheitsgefühl beim Aufstehen kann Ausdruck einer Kreislaufregulationsstörung sein, die oft gutartig ist. Manchmal trinken Menschen, die derartige Beschwerden haben, recht wenig, oder der Blutdruck ist niedrig.

Manche Arten von Schwindel treten anfallsartig, eigentlich aus dem nichts auf. Derartige Beschwerden können auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen, z.B. Herzrhythmusstörungen, hinweisen. Sind Schwindelattacken von Angstgefühlen und Unruhe begleitet, ist auch an eine psychosomatisch bedingte Ursache zu denken. Experten sprechen dann von einem sogenannten „phobischen Schwindel“, der z.B. Ausdruck einer Angststörung oder auch von psychischem Stress sein kann. Seelisch bedingte Schwindelursachen sind insgesamt nicht selten. Auch im Alter können derartige Beschwerden auftreten, z.B. durch eine große Angst vor Stürzen bei einer altersbedingten Gangstörung.

Eine häufig verbreitete Fehlannahme muss an dieser Stelle richtiggestellt werden – Verschleißerscheinungen der Halswirbelsäule sind nicht als ursächlich für Schwindelsymptome anzusehen. Anatomisch haben diese Strukturen keine Verbindung mit den Schwindelzentren des Gehirns.
Wie wird nun ein Schwindelsyndrom durch die behandelnden Ärzte diagnostiziert? Zunächst einmal muss der Patient möglichst genau seine Beschwerden schildern. Handelt es sich um einen Drehschwindel oder einen Schwankschwindel? Oder doch eher ein Benommenheitsgefühl? Ist es ein Dauerschwindel? Sind andere Symptome wie Ohrgeräusch, Taubheitsgefühl, Lähmungserscheinungen vorhanden? Gibt es Auslösefaktoren? Das sind nur einige der wichtigen Fragen bei der sogenannten Schwindelanamnese. Je genauer derartige Fragen geklärt werden können, desto präziser kann die Diagnose gestellt werden. Manchmal ist das aber nicht so einfach, weil die Beschwerden sehr diffus sind und nicht näher benannt und eingegrenzt werden können. Oft hilft die körperliche Untersuchung weiter, bei der der Arzt z.B. bestimmte Augenbewegungsstörungen oder Auffälligkeiten der Koordination nachweisen kann. Ergänzende medizinisch-technische Untersuchungen wie Bildgebung des Gehirns, Herz-Kreislauf-Untersuchungen oder Untersuchungen der Hirndurchblutung dienen nicht selten nur zum Ausschluss anderer Ursachen oder zum Beweis einer Verdachtsdiagnose, die durch ausführliche Befragung und Untersuchung des Patienten bereits gestellt wurde. Klinikum SLZ

Was tun bei Schwindel?

Im Vordergrund stehen Behandlungen durch Physiotherapie und Schwindelübungen – letztere können nach Anleitung auch sehr gut in Eigenregie durchgeführt werden. Das Gute ist – diese Behandlung hilft. Sollte die Psyche bei der Entstehung von Schwindel eine Rolle spielen, ist eine psychotherapeutische Behandlung zum Beispiel im Sinne von Verhaltenstherapie oft sehr hilfreich. Kreislauferkrankungen, die zu Schwindelbeschwerden führen, können dagegen mit Medikamenten eingestellt werden, so dass die  Symptome im Idealfall wieder abklingen.

Auf den Blutdruck und ausreichend Flüssigkeit achten Manche  Schwindelerkrankungen kommen unvorhersehbar und können nicht verhindert werden. Einige Dinge können jedoch vorbeugend getan werden. So sollten gerade ältere Menschen auf eine  ausreichende Flüssigkeitszufuhr (d.h. mindestens 1,5 l Flüssigkeit  am Tag) achten.

Der Blutdruck sollte gut eingestellt sein. Die verordneten  Medikamente sollten möglichst regelmäßig eingenommen werden.
Regelmäßige Bewegung fördert den Aufbau und Erhalt der  Muskulatur und beugt somit einer Gangunsicherheit und Sturzgefahr vor.

Auch Stolperfallen in der Wohnung sollten möglichst ausgeschaltet werden. Und Frau Meyer? Frau Meyer (die in Wirklichkeit natürlich anders heißt) hatte Glück. Der Notarzt hat einen sogenannten gutartigen Lagerungsschwindel festgestellt, das heißt eine Erkrankung des Innenohrs, die durch winzige Kalksteinchen verursacht wird. Ihr wurden bestimmte Übungen, die sie nach kurzer Anleitung selbständig durchführen konnte, erklärt.

Gewissenhaft führte die Patientin diese Schwindelübungen mehrfach am Tag aus und war nach wenigen Tagen wieder  vollkommen beschwerdefrei.

Dr. med. Marcus Rössler

Dr. med. Marcus Rössler

Facharzt für Neurologie
MVZ Bad Salzungen
Lindigallee 3
36433 Bad Salzungen

Terminvergabe Sprechstunde:
Telefon: 0 36 95/64-68 23

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Tipp des Monats

Osteoporose vorbeugen: Bewegung macht die Knochen stabiler

Damit die Knochen stark bleiben, braucht es nicht nur eine Ernährung, in der ordentlich Calcium steckt. Warum auch Bewegung so wichtig ist.

Knochen müssen regelmäßig belastet werden, um stabil zu bleiben und weniger schnell zu brechen. Darauf weist die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) hin. Belastung für die Knochen heißt: Bewegung.

Ob Fußballtraining, Joggen, Pilates oder Radfahren: Vor allem dann, wenn es sportlich wird, regt Bewegung den Knochenstoffwechsel an.

„Dies geschieht durch die Muskeln, die am Knochen ziehen. Sie geben das Signal, mehr Calcium in das Skelettsystem zu transportieren und einzulagern“, so Prof. Uwe Maus von der DGOU. Dadurch gewinnen die Knochen an Stabilität – und auch Osteoporose wird vorgebeugt.

Auch die Ernährung zahlt auf die Knochenstärke ein

Besonders wichtig ist Sport übrigens für Kinder und Jugendliche. Denn bei ihnen baut sich die Knochenmasse noch auf.

Ganz ohne die Ernährung geht es aber nicht. Wichtig ist daher, reichlich Calcium zu sich zu nehmen – etwa durch Lebensmittel wie Milch, Hartkäse, Mineralwasser oder Spinat. Damit der Körper das gut verwerten kann, braucht es Vitamin D. Das bildet der Körper mithilfe von Sonnenlicht, es steckt aber auch in fettem Seefisch wie Hering oder Lachs.