Hohe Dunkelziffer bei Gluten-Unverträglichkeit – Fortschritt bei der Behandlung erzielt.

Zöliakie bleibt auch im fortgeschrittenen Alter ein Thema. Beispielsweise ist in der Mainzer Zöliakie-Ambulanz heute jeder zehnte neu diagnostizierte Patient über 65 Jahre alt. Doch gibt es zwischen Junioren und Senioren Unterschiede: Zwar gelten bei Älteren die gleichen Diätregeln wie bei jüngeren Patienten, das Leiden verläuft aber oft weniger typisch und wird daher nicht selten übersehen. Bei Zöliakie bekämpft das Immunsystem das Eiweiß Gluten, das in vielen Getreidesorten vorkommt. Der Dünndarm entzündet sich, was die Schleimhaut so sehr schädigen kann, dass sie nicht mehr genug Nährstoffe aufnimmt.

Glutenfreie Nahrung ist jetzt wichtig

Neben Darmproblemen, heftigen Blähungen, Koliken und Durchfall kann sich die Erkrankung auch durch einen Nährstoffmangel zeigen. Bei Blutarmut oder Eisenmangel unklarer Ursache sollte die Zöliakie-Diagnostik stets Teil der Abklärung sein. Auch eine ausgeprägte Osteoporose aufgrund eines Mangels an Vitamin D und Kalzium sowie erhöhte Leberwerte können auf Zöliakie hinweisen. Des Weiteren können kaputter Zahnschmelz, chronische Kopfschmerzen oder depressive Verstimmungen Anzeichen sein.

Die Darmsymptome können gleichzeitig recht mild ausfallen. Auch wenn sich die Zöliakie im Alter oft anders als in jungen Jahren zeigt, so müssen alle Patienten strikt glutenfrei essen. Übliches Brot, Pasta und Mehl sind tabu, weil Weizen, Dinkel, Emmer, Einkorn, Roggen und Gerste Gluten enthalten. Alternativen sind zum Beispiel Reis, Mais, Buchweizen, Linsen, Amarant oder Quinoa.

Durchbruch bei der Behandlung

Für viele Betroffene mit Überempfindlichkeit auf Weizen ist die Vermeidung von glutenhaltigem Mehl die einzige Möglichkeit, sich zu schützen. Foto: bugarskipavle3/Adobe Stock

Mediziner der Mainzer Uniklinik vermelden einen „Durchbruch“ bei der Behandlung von Zöliakie. Gegen die oft sehr belastende Autoimmunerkrankung des Darms könnte es zudem bald ein wirksames Medikament geben. Ein Forscherteam hat unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Dr. Detlef Schuppan, Direktor des Instituts für Translationale Immunologie der Universitätsmedizin Mainz, einen neuartigen medikamentösen Wirkstoff zur Behandlung der Glutenunverträglichkeit (Zöliakie) entwickelt: den Transglutaminase-Hemmer ZED1227.

Das Medikament basiert auf einem Wirkmechanismus, der auf spezifische Eigenschaften der Krankheit zugeschnitten ist. Die bisher einzige wirksame Therapieoption für Betroffene ist eine streng glutenfreie Diät. Im Rahmen einer klinischen Phase 2a-Studie haben die Mainzer Wissenschaftler gemeinsam mit internationalen Kollegen gezeigt, dass ZED1227 eine starke schützende Wirkung auf die Dünndarmschleimhaut hat und die Entzündung, Erkrankungssymptome sowie die Lebensqualität der Betroffenen verbessert. „Zöliakie-Betroffene verspüren durch die dauerhaft notwendige Vorsicht bei der Ernährung einen erheblichen Leidensdruck“, sagt Detlef Schuppan, der zusammen mit Prof. Markku Mäki (Tampere, Finnland) Erstautor der Studie ist. Mit dem Transglutaminase-Hemmer ZED1227 würden Patienten zukünftig eine medikamentöse Behandlungsmöglichkeit unterstützend zur glutenfreien Diät zur Verfügung stehen, die ihnen zusätzlich einen erheblichen Zugewinn an Sicherheit und Lebensqualität ermöglichen könne.

Weitere verdächtige Substanzen

Eine Überempfindlichkeit auf Weizen kann aber auch andere Ursachen haben. Es muss nicht immer eine Gluten-Intoleranz dahinterstecken. Experten spekulieren seit einiger Zeit über die Ursachen. Denn immer mehr Menschen klagen über eine Unverträglichkeit auf Getreideprodukte. Warum die Zahl derjenigen, die nach dem Verzehr von Getreideprodukten über Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall oder Verstopfung klagen, stetig steigt, ist nicht genau bekannt.

Als mögliche Ursache wird zum einen die Hochzüchtung der modernen Getreidesorten diskutiert, die mit einem erhöhten Gehalt von Gluten und anderen Substanzen verbunden ist. Aber auch das zunehmende öffentliche Interesse an einer Gluten-freien Ernährung dürfte die Aufmerksamkeit auf eine Erkrankung gelenkt haben, die medizinisch nur schwer fassbar ist. Die Symptome ähneln sehr denen einer Zöliakie oder einer Weizenallergie. Anders als bei der Zöliakie, die oft im Kindesalter beginnt, finden die Ärzte bei Menschen mit „Nicht-Zöliakie-Nicht-Weizenallergie-Weizensensitivität“ (NZNWWS) bei einer Darmspiegelung keine Veränderungen der Dünndarmschleimhaut. Und die Antikörper im Blut, die auf eine Weizenallergie hinweisen, fehlen ebenfalls. Der einzige diagnostische Hinweis sind die Beschwerden, die innerhalb von wenigen Stunden nach dem Verzehr von Gluten-haltigen Lebensmitteln auftreten und sich unter Einhalten einer glutenfreien Diät innerhalb weniger Tage und Wochen wieder bessern. Eine Zöliakie entwickelt sich dagegen meistens langsam. Zur Besserung kommt es erst, wenn sich die Darmschleimhaut erholt hat. Dass tatsächlich das Klebereiweiß Gluten der alleinige Auslöser ist, wird von der Wissenschaft zunehmend bezweifelt.

Weizenmehl enthält noch andere Bestandteile, die bei empfindlichen Menschen Beschwerden verursachen können. Zu den verdächtigen Substanzen zählen Amylase-Trypsin-Inhibitoren. Diese Proteine, mit denen Pflanzen Schädlinge abwehren, kommen vor allem in den modernen und hochgezüchteten Getreidesorten vor. Der menschliche Darm könne Amylase-Trypsin-Inhibitoren nicht abbauen. Bei einem Kontakt mit der Schleimhaut komme es kurzfristig zur Aktivierung des Immunsystems. Eine Therapie haben die Mediziner noch nicht gefunden. Weitere wertvolle Tipps und aktuelle Informationen gibt die Deutsche Zöliakie Gesellschaft unter www.dgvs.de. glp

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Tipp des Monats

Osteoporose vorbeugen: Bewegung macht die Knochen stabiler

Damit die Knochen stark bleiben, braucht es nicht nur eine Ernährung, in der ordentlich Calcium steckt. Warum auch Bewegung so wichtig ist.

Knochen müssen regelmäßig belastet werden, um stabil zu bleiben und weniger schnell zu brechen. Darauf weist die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) hin. Belastung für die Knochen heißt: Bewegung.

Ob Fußballtraining, Joggen, Pilates oder Radfahren: Vor allem dann, wenn es sportlich wird, regt Bewegung den Knochenstoffwechsel an.

„Dies geschieht durch die Muskeln, die am Knochen ziehen. Sie geben das Signal, mehr Calcium in das Skelettsystem zu transportieren und einzulagern“, so Prof. Uwe Maus von der DGOU. Dadurch gewinnen die Knochen an Stabilität – und auch Osteoporose wird vorgebeugt.

Auch die Ernährung zahlt auf die Knochenstärke ein

Besonders wichtig ist Sport übrigens für Kinder und Jugendliche. Denn bei ihnen baut sich die Knochenmasse noch auf.

Ganz ohne die Ernährung geht es aber nicht. Wichtig ist daher, reichlich Calcium zu sich zu nehmen – etwa durch Lebensmittel wie Milch, Hartkäse, Mineralwasser oder Spinat. Damit der Körper das gut verwerten kann, braucht es Vitamin D. Das bildet der Körper mithilfe von Sonnenlicht, es steckt aber auch in fettem Seefisch wie Hering oder Lachs.